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7.03.09

Zurück aus Norwegen

Abbruch des Trips wegen massivem Tauwetter...

Voll motiviert starteten wir am 24. Februar mit dem Wissen, dass der heurige Winter nicht nur bei uns, sondern auch in Norwegen außergwöhnlich gute Eisverhältnisse hatte, in Richtung Oslo. Die Locals sprachen von einer Saison, wie sie es selbst noch nicht bzw. selten erlebt hatten. Ständige Kältewellen ließen in den Westfjorden die Eis-Bigwalls bis zum Boden wachsen. Dies hatte ich in den letzten Wochen vor unserer Abreise natürlich mitbekommen und ließ mich große Pläne schmieden. Was ich leider auch mitbekam, waren die ersten warmen Tage der Saison kurz bevor wir abhoben. Aus verschiedensten Gründen legten wir für unsere Reisezeit den Bereich Ende Februar/Anfang März fest. Erstens sprachen die Locals von der meist besten Zeit, zweitens sollte Markus bis Mitte Februar im Eiskletterweltcup vorne mitmischen - was ihm auch bravourös gelang - und drittens sollten noch ein paar Tage der Vorbereitung für lange Routen dienen.. leider stellte sich diese Entscheidung im nachhinein als Fehlentscheidung heraus.

Als wir in Rjukan ankamen, konnten wir die erste Wärmeperiode des Februars noch spüren. Mit sinkenden Temperaturen und relativ kühlen Prognosen ließ sich allerdings wieder auf die Rückkehr der guten Bedingungen hoffen. Die ersten Tage unseres Trips verliefen dann auch recht verheißungsvoll. Mit den Klassikern wie Juvsoyla (WI6) und Lipton (WI7 - siehe Bild) waren wir heiß auf die Monsterlinien in den Fjorden. Wir fuhren weiter Richtung Eidfjord und sahen noch im Mondlicht die fantastischen Linien im Mabodalen-Tal. Wir kamen zu unserem Miethaus in Liseth - einer perfekten Hütte, in der es sich locker einige Tage wohlfühlen lässt. Die Stimmung war perfekt, die Pläne für den nächsten Tag fixiert und mit grosser Motivation standen wir früh auf, um den Tag voll ausnutzen zu können. Als wir die Wand bei -10 Grad näher inspizierten, schlug meine Motivation bald in Sorge um. Das Eis in der südseitigen Wand war von der ersten Tauperiode völlig zerstört worden und die Linien sahen nicht kletterbar aus. Uns blieb nichts anderes übrig, als auf die nicht so spektakuläre Nordwand auszuweichen. Ab dem nächsten Tag nahm unsere Pechsträne den weiteren Verlauf. Die zweite, markante Wärmeperiode mit Temperaturen bis zu +8 Grad in den Fjorden zog über Norwegen und beendete unsere Träume und gesteckten Ziele für die Reise. Wir fuhren durch die Fjorde und sahen in nur zwei Tagen soviel Potential für grosse Routen, wie es wahrscheinlich in ganz Mitteleuropa zusammen nicht gibt. Ein schwacher Trost, denn die riesigen Eismassen waren alle am zerbröckeln und schmelzen. Schweren Herzens fuhren wir weiter nach Hemsedal, um mit dem eindrucksvollen Hydnefossen (WI6) die Reise zu beenden. Wir kehrten zehn Tage vor unserer geplanten Abreise zurück. Gratulation an dieser Stelle an Robert Jasper & Partnern, welche die Gunst der Stunde nutzten und einige geniale Linien klettern konnten. Danke auch an das Mitgefühl von Robert, welcher über ständigen E-mail-Kontakt mit uns mitlitt.. 

Fazit: Norwegen war eine Art Lehrstunde für mich, in verschiedenster Hinsicht. Ich betrachte diese Reise als "Besichtigungsrunde" um die Taktik fürs nächste Mal festlegen zu können. Vor allem fordert Norwegen Spontanität und auch einiges an Glück um erfolgreich zu sein. Dieses Mal blieb das Glück aus, dies macht den Anreiz es beim nächsten Mal besser zu machen aber nur noch höher! I'll be back..

 

© 2020 Mag. Albert Leichtfried - Meteorologe - Bergführer - Extremkletterer
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